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Sing yourself a Lovesong!

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Liebeslieder kennen wir alle. Vielleicht hören wir sie so gern, weil sie intensive, wohltuende und manchmal auch melancholische Gefühle in uns wecken.


Wenn wir sie hören, entstehen Bilder in unserem Kopf: Sonnenuntergänge oder Mondlicht, die Sehnsucht nach jemandem, der weit weg ist. Wir erinnern uns an das erste Date, an Trennungen oder besondere Momente. Wir stellen uns vor, wie wir tanzen, gemeinsam kochen oder einfach Zeit miteinander verbringen. Oft malen wir uns sogar den „perfekten Partner“ oder die Liebe unserer Zukunft aus. Und der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.


Meist widmen wir diese Lieder innerlich jemandem – oder wir wünschen uns, dass sie uns gewidmet werden. Und das ist schön.


Aber Moment mal!

Es scheint uns so leicht zu fallen, all dieses Wohlwollen anderen entgegenzubringen oder uns danach zu sehnen – doch was ist mit der eigenen Person?


Ich mache es einmal konkreter an einem Beispiel: „Wenn Worte meine Sprache wären“ von Tim Bendzko (hier auf YouTube oder Spotify hören, Songtext).

Es geht um Schüchternheit und das scheinbare Unvermögen, die eigenen Gefühle mitzuteilen. Romantisch, wenn wir für jemanden so wichtig zu sein scheinen, dass es kaum in Worte zu fassen ist.


Ich zitiere:

„Mir fehlen die Worte, ich hab’ die Worte nicht, dir zu sagen, was ich fühl’“

Weiter:

„Ich kann dich nur anseh’n, weil ich dich wie eine Königin verehr.

Doch ich kann nicht auf dich zugeh'n, weil meine Angst den Weg versperrt.“


In diesen Zeilen schwingt ein großer Wunsch nach Nähe mit – und gleichzeitig so viel Angst, die diesen Schritt verhindert. Und es fällt uns leicht, das Lied für „diesen einen Menschen“ mitzusingen und Bilder vor unserem inneren Auge zu sehen.


Gleichzeitig wissen wir, dass wir für uns selbst der wohl wichtigste Mensch sein dürfen – aber ein Liebeslied an mich selbst richten?

Machen wir ein Experiment: Ersetzen wir einmal jedes „Dir“, „Du“, „Dein“ einfach durch „Mir“, „Ich“, „Mein“.


Beispiel:

„[ICH bin] der erste Sonnenstrahl nach langem Regen,

ICH hole MICH zurück, wenn ich mich verloren hab.

Und wenn alles leise ist, dann ist MEINE Stimme da!“


Oder:

„Ich kann MICH nur anseh’n,

Weil ich MICH wie eine Königin verehr.

Doch ich kann nicht auf MICH zugeh'n,

Weil meine Angst den Weg versperrt.“


Ganz anderes Gefühl, oder?

Fremd vielleicht und anfangs sogar schwer anzunehmen: „Ich kann mich doch nicht so wichtig nehmen!“


Aber seien wir ehrlich: Wenn wir uns wünschen, dass uns ein Gegenüber wie „eine Königin verehrt“, wie sollen wir diese Worte denn wirklich annehmen, wenn wir sie uns selbst nicht zugestehen?

Wenn alles leise ist, welche Stimme bleibt? Doch eher die eigene. Und meistens die kritische – statt der liebevollen, die sagt: „Hey, ich bin hier, ganz nah bei dir, und ich gehe nicht.“


Es ist wunderschön, Zuneigung von einem anderen Menschen über einen Songtext gewidmet zu bekommen oder damit jemandem ein schönes Gefühl zu schenken. Aber wir haben genauso das Recht – und vielleicht sogar eine kleine Fürsorgepflicht – uns jeden Tag diese große Liebe selbst zu schenken.


Denn ja, ICH bin da, wenn alles leise ist. Ja, ich kann manchmal nicht auf MICH zugehen, weil Angst den Weg versperrt. Doch wenn ich nicht hinter diese Mauern blicke, könnte mir der Himmel auf Erden – die vielleicht größte Liebe meines Lebens – entgehen.


Es muss nicht dieses Lied sein. Aber vielleicht möchtest du dir beim Hören deines nächsten Liebesliedes einfach vorstellen, dass du es nur für dich singst. Du drehst die Lautstärke auf, singst lauthals mit und gestaltest die Bilder in deinem Kopf einmal ein bisschen um. Es braucht etwas Übung, aber für die Tiefe und Nähe, die dadurch entstehen, fehlen mir tatsächlich die Worte.

 

 
 
 

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